Siegfried Wimmer: Mit hundert steht er noch am Herd Siegfried Wimmer: Mit Hundert Steht Er Noch Am Herd

Seit 1951 ist Siegfried Wimmer Mitglied im Verband der Köche Deutschlands. Am heutigen 24. Februar feiert der gebürtige Darmstädter seinen 100. Geburtstag. Dabei fühlt er sich kaum älter als 70.

 

 

„Haben Sie WhatsApp?“ Eine simple Frage, aber doch etwas ungewöhnlich, wenn sie ein Hundertjähriger stellt. Siegfried Wimmer hat ein Foto auf seinem Tablet-Computer ausgewählt, das er stolz herzeigt. Darauf: ein kleiner Junge, der herausfordernd und schelmisch in die Kamera blickt. „Das bin ich“, sagt der gebürtige Darmstädter, den schelmischen Ausdruck noch heute im Gesicht. Dieses Bild aus seiner Schulzeit, findet das VKD-Mitglied, würde doch wunderbar zum Bericht anlässlich dieses besonderen Geburtstags passen.

 

Siegfried Wimmer feiert am heutigen 24. Februar seinen 100. Geburtstag. Ob er sich auch wie hundert fühlt? Er lacht, zwinkert, sagt: „Achwas, als wäre ich noch keine 70.“ Wer den gelernten Koch erlebt, glaubt dies sofort: Unbekümmert erzählt er von seinem Alltag. Dass ihm Ordnung wichtig ist, er als gelernter Koch auch heute noch täglich in der Küche seiner Frankfurter Wohnung steht, um das Mittagessen zuzubereiten. Siegfried Wimmer ist interessiert daran, was in der Welt passiert, er steht in regem Austausch mit seiner Familie und Freunden – unter anderem per WhatsApp – fährt selten in den Urlaub, organisiert seine Arztbesuche selbst. Müsste man zufrieden und glücklich definieren, Wimmer wäre das beste Beispiel. Dabei war es nicht immer einfach im Leben des VKD-Mitglieds einfach.

 

Am 24. Februar 1918 kam er als jüngstes von acht Kindern in Darmstadt zur Welt. Die Entscheidung Koch zu werden, traf er früh. Gemeinsam mit seiner Mutter besuchte der damals Zehnjährige seinen älteren Bruder an dessen Arbeitsplatz, einer Hotelküche. „Dort habe ich gefüllte Eier gesehen“, erinnert sich Siegfried Wimmer. Sie hätten ihn so sehr fasziniert, dass er entschied: „Ich werde Koch.“ 1932 begann er seine Lehre in Darmstadt, arbeitete anschließend im Hotel Excelsior in Frankfurt und im Palast Hotel in Wiesbaden.

 

Seinen Wehrdienst hatte er gerade beendet, als der Krieg begann. Er wurde eingezogen, heiratete im Heimaturlaub kurz vor Kriegsende seine Frau. Sie gebar den gemeinsamen Sohn, während Wimmer selbst in russischer Kriegsgefangenschaft war. „Als ich zurückkam, war mein Sohn bereits drei“, sagt Wimmer. Zu diesem Zeitpunkt hatte er seit mehr als zwölf Jahren nicht als Koch gearbeitet. Aber er fand zurück in den Beruf, arbeitet in Frankfurt im Steigenberger Hotel Monopol, im Frankfurter Hof und im Weinhaus Brückenkeller, bevor er 1963 Küchenleiter bei der Nestlé-Gruppe Deutschland GmbH wurde. Nach 20 Jahren dort ging er in Rente – und genießt seitdem sein Leben.

 

Verantwortung erzeuge Druck, findet Wimmer und gibt zu, dass er froh ist, diese Verantwortung nicht mehr tragen zu müssen. „Ich kann tun und lassen, was ich will, schlafen, so lang ich will. Ich lebe in den Tag hinein“, sagt er und lacht sein schelmische Lächeln. Zwei- bis dreimal pro Woche erhält er Unterstützung von einer Pflegerin, die ihn jedoch lediglich beim Einkaufen unterstützt. Und dann ist da noch Rudolf Decker, mit dem ihn eine ganz besondere Freundschaft verbindet. Der 76-Jährige hat einst unter Siegfried Wimmer gelernt. Heute besucht er ihn regelmäßig.

 

„In seiner Art zu lehren war er seiner Zeit voraus“, berichtet Decker. Während in anderen Küchen ein rauer Ton herrschte, Töpfe und Pfannen flogen, wie er sagt, herrschte in Wimmers Küche Ruhe und Ordnung. „Er hat nie einen Unterschied gemacht zwischen Köchen und Küchenhilfen. Es gab keinen Konkurrenzkampf zwischen der schwarzen und der weißen Zunft.“ Das Küchenteam habe sich gut verstanden, man habe viel Zeit gemeinsam verbracht und auch zusammen gefeiert. Wimmer war beliebt im Team.

 

1951 trat Siegfried Wimmer in den VKD ein und hat das Verbandsleben seither geprägt. 1966 initiierte er mit der Nestlé Großküchenabteilung und dem VKD die „Goldene Kochmütze“, der erste Leistungswettbewerb für Berufsköche. Ein Sieg galt lange Zeit als Türöffner für Köche, die ihre Karriere vorantreiben wollten. Viele Jahre war Wimmer 1. Vorsitzender des Vereins der Köche Frankfurt/Main, kandidierte 1976 als Beisitzer im Vorstand des VKD. Seinen Kontakt zum Verband und insbesondere zu den Frankfurter Kollegen pflegt er bis heute.

 

Kein Wunder also, dass auch VKD-Ehrenpräsident Siegfried Schaber zum 100. Geburtstag eingeladen ist. Die Feier in Badenweiler – dorthin fährt Wimmer seit Jahren in den Urlaub – ist von langer Hand geplant.  Das Menü hat er bereits vor zwei Jahren selbst zusammengestellt (unter anderem gibt’s Kalbsrückensteak) und die Gästeliste ist längst geschrieben. 28 Gäste feiern am heutigen 24. Februar gemeinsam, darunter Sohn, Enkelin und drei Urenkel samt Familien. Wimmer freut sich auf sein besonderes Geburtstagsfest.

 

Während Siegfried Wimmer eigentlich ein geregeltes Leben führt, wird sich ab kommender Woche etwas Entscheidendes ändern: Mit hundert, habe er sich gedacht, sei es nun doch einmal an der Zeit für ein Hörgerät.

 

Übrigens: Schlussendlich ist das Foto des Schuljungen nicht per WhatsApp, sondern per E-Mail in der VKD-Geschäftsstelle gelandet.


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